Schluss der Verschwendung

Der Gebäudepark ist für über 40 Prozent des Energieverbrauchs der Schweiz und für rund ein Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich.

Energieverbrauch

Die Zahlen sind beeindruckend: Zwischen 2010 und 2017 wurden dank des Gebäudeprogramms über die Lebensdauer der geförderten Massnahmen insgesamt mehr als zwölf Millionen Tonnen CO2 vermieden und fast 50 Milliarden kWh Energie eingespart! Bund und Kantone unterstützten die Massnahmen in diesem Zeitraum mit 1,5 Milliarden Franken Fördergeldern. Der grösste Teil wurde für die Wärmedämmung von Einzelbauteilen (60 Prozent) sowie für die Installation effizienter Haustechnik (20 Prozent) ausbezahlt. Doch noch immer sind rund 1,5 Millionen Häuser nicht oder kaum gedämmt und damit energetisch dringend sanierungsbedürftig. Zudem werden drei Viertel der Gebäude heute noch immer fossil oder direkt elektrisch beheizt. Die Energiestrategie 2050 stellt nun mehr Geld aus der CO2-Abgabe für das Gebäudeprogramm zur Verfügung. Damit sollen energieeffiziente Sanierungen und Umbauten noch stärker gefördert werden. Zudem wurden neue steuerliche Anreize geschaffen: Energetische Gebäudesanierungen können zwar bereits heute von den Einkommenssteuern abgezogen werden. Mit dem neuen Energiegesetz werden neu aber auch die Rückbaukosten für einen Ersatzneubau abzugsfähig. Diese sind zusammen mit den energetischen Investitionskosten neu auch in den zwei nachfolgenden Steuerperioden abziehbar. Damit sollen mehr Gesamtsanierungen anstelle von Teilsanierungen, die heute steuerlich attraktiver sind, realisiert werden. Denn: Gesamtsanierungen sind energetisch sinnvoller.

Ab 2020 strenge Vorgaben für Neubauten
Allerdings: pro Jahr wird nur gerade ein Prozent aller Bauteil-Flächen energetisch saniert. Und: 66 Prozent der alten Ölheizungen werden ersetzt durch – Ölheizungen; 85 Prozent der Gasheizungen werden ersetzt durch – Gasheizungen. Diese Zahlen wurden an der Herbstplenarversammlung der Konferenz der Gebäudetechnik-Verbände in Erinnerung gerufen. Dabei kann eine Sanierung viel bewirken: In einigen Gebäuden sinkt der Wärmebedarf dank besserer Dämmung um mehr als die Hälfte. Und mit einem Umstieg von einer fossilen Heizung auf erneuerbare Energien können die CO2-Emissionen im Betrieb auf nahezu null gesenkt werden. Hier setzt das Gebäudeprogramm der Kantone an: Es fördert energetische Massnahmen wie die Dämmung von Dächern und Fassaden, die Nutzung von Abwärme sowie den Einsatz erneuerbarer Energien. Die Kantone haben mit den Mustervorschriften im Energiebereich «MuKEn» ebenfalls Ziele festgelegt: Ein Neubau soll noch rund 3,5 Liter HeizölÄquivalente an Wärmeenergie verbrauchen, umfassend sanierte Gebäude rund acht Liter Heizöl-Äquivalente. Die Verbrauchsvorgaben sind seit 1975 um über 75 Prozent gesenkt worden. Zudem ist vorgesehen, dass sich ab 2020 neue Gebäude ganzjährig möglichst selbst mit Wärmeenergie und zu einem angemessenen Anteil Elektrizität versorgen. Als Standard hat sich der Minergie-Standard durchgesetzt, der nicht nur Komfort bietet, sondern eben auch Energieeffizienz, einen Anteil selber produzierter Energie und einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien vorschreibt. Energieeffizienz, Gebäudeautomation, intelligente Baumaterialien, vernetzte Gebäude – all das sind für viele Bauwillige nur Schlagworte, unter denen sie sich oft nicht viel vorstellen können. Intelligent bauen betrifft eben nicht nur Wärme und Stromverbrauch, sondern auch Wiederverwendung, Nutzung zur richtigen Zeit und Speicherung. Wenn beispielsweise durch Photovoltaik erstellte Energie durch smarte Steuerung auch zu einer sinnvollen Zeit vom Elektroauto oder von Haushaltgeräten genutzt wird, kann der Spitzenverbrauch gedrosselt und die Energie besser direkt genutzt werden. Das erfordert ein völliges Umdenken und vor allem viel Erklärungsarbeit.

Dschungel an Möglichkeiten und Vorschriften
Für Bauherren ist es nicht einfach, sich einen Überblick über die Vorschriften, die Möglichkeiten und die neusten Technologien zu verschaffen. Die Beratung durch unsere Branche ist deshalb absolut essenziell: Soll die Energiestrategie gelingen, sind wir gefordert, für die Kundinnen und Kunden die besten Möglichkeiten zur Energieeffizienz vorzuschlagen. Wie erwähnt, entscheiden sich noch viel zu viele Hausbesitzer beim Ersatz ihrer Öl- und Gasheizungen erneut für fossile Energieträger statt für Wärmepumpen. Dabei ist klar: Nur wenn diese umweltfreundliche Technologie Standard wird, schaffen wir es, der Energiestrategie 2050 zum Durchbruch zu verhelfen. Es braucht Überzeugungskraft, das zu Beginn für den Bauherrn teurere System zu «verkaufen». Der Gewinn – sowohl finanziell als auch für die Umwelt – liegt in der Zukunft und scheint für viele weniger attraktiv als die kurzfristige Minderausgabe. Und auch wenn der Minergie-Standard in städtischen Regionen und Agglomerationen grosse Erfolge feiert, bleibt vor allem im ländlichen Raum noch viel Überzeugung zu leisten, dass eine Komfortlüftung das offene Fenster gleichwertig ersetzt. Unsere Branche muss lernen, mit Überzeugung, Fachwissen und Verkaufstalent für die Umwelt einzustehen. Dabei gilt es auch Kooperationen einzugehen – beispielsweise mit den politischen Behörden einzelner Kantone oder Städte. Denn bereits haben über 100 Städte und Gemeinden sowie 23 der 26 Kantone die Ziele der 2000-Watt- Gesellschaft in ihren energiepolitischen Zielvorgaben verankert. Einige Gemeinden haben sich sogar in einer Volksabstimmung dazu bekannt. Den politischen Willen und die Absichtserklärungen in Taten umzusetzen, ist eine Aufgabe, mit der wir tagtäglich konfrontiert sind.

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