Energieeffiziente Kühl-und Heizlösung für Frischbeton

Beim Bau von Flughäfen, Staudämmen, aber auch Tunneln, Brücken und anderen Infrastrukturprojekten kommen massive Bauteile aus Beton zum Einsatz, die aufgrund ihrer Dicke noch Monate nach dem Einbau Hydrata-tionswärme und damit rissbildende Spannungen entwickeln können.

Eine Platteneisanlage mit integrierter Kaltwassererzeugung auf einem Eislager und containerisiertem Wassertank (rechts) und die KTI-Sauter-Heisswasseranlage (links) bedienen die Betonmischanlage.
Eine Platteneisanlage mit integrierter Kaltwassererzeugung auf einem Eislager und containerisiertem Wassertank (rechts) und die KTI-Sauter-Heisswasseranlage (links) bedienen die Betonmischanlage.

Gerade in klimatisch anspruchsvollen Re-gionen wie dem Nahen Osten, Südost-asien oder Afrika, wo extreme Tempera-turen herrschen, ist eine umfassende Senkung der Betontemperatur noch beim Mischen erforderlich. Doch auch in kalten oder wechselhaften Regionen muss der Beton temperiert und damit beheizt wer-den: Eine zu kalte Charge kann sonst ge-frieren und so zu Strukturschäden im Bauteil führen.

Betontemperatur in klimatisch an-spruchsvollen Gebieten ist komplex

Darüber hinaus haben sich in den letzten Jahrzehnten die Anforderungen auf Bau-stellen an den Umgang mit Beton ver-schärft. Gesetzgeber in vielen Ländern stellen höhere Ansprüche an Festigkeit, Beständigkeit und Haltbarkeit des Be-tons, was sich auch in den geforderten Grenzwerten der Betontemperatur nie-derschlägt. Zudem verlangen öffentliche wie private Auftraggeber zur Vermeidung von nachträglichen Problemen mit der Qualität des Betons oftmals noch stren-gere Temperaturgrenzen für den Frisch-beton, die beispielsweise in Ländern der arabischen Halbinsel trotz gesetzlicher Vorgabe von 30 °C je nach Projekt nur 25 °C und weniger betragen darf – und das bei bis zu 50 °C Aussentemperatur im Sommer. Nicht zuletzt kommen oft-mals neuartige High-Performance-Ze-mente zum Einsatz, die deutlich höhere Temperaturen beim Aushärten entwickeln als Standard-Zemente. Auch die Frage nach der Energieeffizienz, die erst mit steigenden Strompreisen und knapper werdendem Öl aufgetreten ist, stellt eine neue Herausforderung dar. Hierzu bedarf es Anlagen, die zwar einerseits eine sig-nifikante Beeinflussung der Temperatur erreichen, aber auch andererseits Alter-nativen zu energieintensiven Methoden, wie beispielsweise dem Einsatz von Stickstoff, ermöglichen. Nicht zuletzt spielt gerade in urbanen Räumen der herrschende Platzmangel eine wach-sende Rolle. Die Systeme zur Betonküh-lung und -heizung sollen so kompakt wie möglich gehalten sein, sodass auch bei kleinen Baustellen eine funktionierende Betontemperierung realisierbar ist.

Platteneis (oben) und Scherbeneis (unten), als klassische Arten von Eis zur Betonküh- lung. Platteneis kann ca. 30–45 Prozent energieeffizienter produziert werden.
Platteneis (oben) und Scherbeneis (unten), als klassische Arten von Eis zur Betonküh-lung. Platteneis kann ca. 30–45 Prozent energieeffizienter produziert werden.

Betonkühlung durch Eis – Platteneis als energieeffiziente Option

In Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen und dem konkreten Bau-vorhaben können dabei die möglichen Lösungen zur Temperierung des Betons sehr unterschiedlich ausfallen. In einem exemplarischen Fall soll ein Tunnel bei gemässigtem Klima in der DACH-Region gebaut werden. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen muss der Beton beson-ders dicht gegenüber Sickerwasser sein, damit es zu keinem Eindringen von Feuchtigkeit und damit langfristigen Schäden kommt («Weisse-Wanne-Be-ton»). Das hydratationsbedingte Entste-hen von Rissen muss somit unbedingt vermieden werden. Dies bedeutet jedoch erhöhte Anforderungen an die Tempera-tur der Betonmischung: Maximal 20 °C sind für den einzubringenden Baustoff erlaubt. Dazu ist trotz des milden Klimas vor allem im Sommer der Einsatz einer effizienten Kühlvorrichtung nötig. Um diese Grenze nicht zu überschreiten und gleichzeitig ausreichend Beton bereit-stellen zu können, werden für die Vorküh-lung mehr als 50 t Eis pro Tag benötigt. Da bei diesem Projekt vonseiten des Auf-traggebers grosser Wert auf Energieeffi-zienz gelegt wurde, fiel die Wahl auf die energieeffiziente Erzeugung von Platten-eis anstelle von Scherbeneis. Platteneis-anlagen sind je nach Umgebungsbedin-gung mit einem Verbrauch von circa 30–45 Prozent weniger Energie pro Tonne Eis sparsamer als vergleichbare Scherbeneisanlagen.

Aggregatkühlung mit Luft als Alternative zu Eis

In tropischen Regionen wiederum, in de-nen Temperaturen um die 45 °C oder mehr herrschen können, kommen noch weitere Herausforderungen hinzu. So sol-len in einem weiteren Beispiel täglich 1000 m3 in einem Werk für Transport-beton produziert werden, der bei allen Arten von grossen Bauwerken als Funda-ment verwendet wird. Um hier die regio-nal vorgegebene Zieltemperatur von 23,5 °C zu erreichen, könnte man wie im europäischen Fall auf den Einsatz von Platteneisanlagen zurückgreifen, die,wenn gewünscht, gleichzeitig auch Kalt-wasser erzeugen können. Jedoch wäre in diesem Fall selbst mit Einsatz von über 78 kg Eis und 36 l Kaltwasser pro Kubik-meter Beton nur eine Frischbetontempera-tur von 28 °C erreicht worden. Dies war aufgrund des Wasser-Zement-Verhältnis-ses nicht möglich und die Festigkeit des Betons hätte nicht mehr gewährleistet werden können. Daher ist nun die Zu-schlagstoffkühlung als Ergänzung zu Eis und Kaltwasser eingesetzt worden. Der für das Anmischen des Betons ebenfalls not-wendige Kies wird dabei in entsprechend grossen Silos mithilfe von durch Düsen eingeblasener Kaltluft vor dem Mischvor-gang herabgekühlt. Dabei wird die Aus-senluft angesaugt und gereinigt, damit sich die Wärmetauscher nicht zusetzen und somit eine konstante Kühlleistung ge-währleistet werden kann. Auf diese Weise wird die mechanische Wartung der Anlage auf ein Minimum reduziert. Die Luft ge-langt schliesslich über ein mehrstufiges Kühlsystem mit Wärmetauscherpaketen von unten in das Siloinnere zum Kies, wo-durch die Temperatur der Zuschlagstoffe in diesem Beispielfall auf circa 20 °C gesenkt wird. In anderen Fällen dient die Zuschlagstoffkühlung auch als vollstän-dige Alternative zur Kühlung durch Eis. Im Ergebnis bleibt die Kombination von ge-kühltem Kies und Kaltwasser energetisch deutlich unter der Variante mit Eis, da die Abkühlung von Wasser ebenso wie von Luft weniger energieintensiv ist als die Herstellung von Eis. Aufgrund der Zusam-mensetzung von Beton (40–60 Prozent Kies) wirkt sich die Kühlung dieses Zu-schlagstoffes ausserdem erheblich auf die Mischtemperatur aus und macht sie somit sehr effektiv. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass eine Änderung der Frisch-betontemperatur um 1 K durch eine Ände-rung der Temperatur der Gesteinskörnung um ca. 1,6 K bewirkt wird. Im Gegensatz dazu muss das zugegebene Wasser um 3,6 K abgekühlt werden, um den gleichen Abkühlungseffekt zu erzielen.

Staudammbau als Königsdisziplin

In einem dritten und letzten Beispiel soll schliesslich eine der grössten Herausfor-derungen bei der Kühlung und Heizung von Beton illustriert werden: der Stau-dammbau. Das Szenario spielt diesmal in einer weit im Süden gelegenen Region des amerikanischen Kontinents, in der sowohl niedrige Temperaturen im Winter als auch höhere Temperaturen im Som-mer auftreten. Kennzeichnend für jedes Staudammprojekt sind die komplexen Anforderungen an den temperaturkon-trollierten Beton, welche vor allem aus den Dimensionen der massiven Beton-bauteile resultieren. So findet beim Aus-härten ab einer gewissen Distanz zwi-schen Bauteilkern und Oberfläche praktisch kein Wärmeaustausch mehr zwischen Kern und Umgebung statt. In-folgedessen steigt auch die Wärme-und Volumenentwicklung im Inneren durch Hydratation, was die Struktur negativ be-einflusst – sei es das Nicht-Erreichen der gewünschten Druckfestigkeit oder eine verstärkte Bildung von Rissen durch ther-mische Ausdehnungen. Daher muss in diesem Fall beim Anmischen darauf ge-achtet werden, eine Anfangstemperatur von gerade mal 10 °C nicht zu über-schreiten. Gleichzeitig dürfen die tiefen Temperaturen im Winter nicht dazu füh-ren, dass die Betonmischung unter einen Wert von 10 °C fällt, da ansonsten die Gefahr der Bildung von Lunkern besteht, also Löchern mit gefrorenem Wasser im Beton. Diese stellen eine erhebliche Be-einträchtigung der Festigkeit und Struk-tur des Betons dar.

Kombination aus Kühlung und Heizung

Hier bietet sich nun aufgrund der klimati-schen Bedingungen eine Kombination aus Anlagen zur Betonkühlung und -hei-zung an. Als Grundlage dient dabei er-neut eine Platteneisanlage, die in die-sem Fall gegenüber Scherbeneis den Vorteil hat, dass für die täglich benötig-ten 110 t Eis nur eine anstatt zwei Anla-32 | Baustoffe gen erforderlich sind. Zudem kann die Platteneisanlage ebenfalls die Versor-gung mit Kaltwasser sicherstellen, so-dass keine separate Kaltwasseranlage nötig ist, um die täglichen 200 m3 Was-ser zur Kühlung der Betonmischung zu liefern. Allein durch diese Massnahmen sinkt der Energieverbrauch um circa 185 kW und die benötigte Menge an Kältemittel um über 50 Prozent. Nicht zuletzt wären durch zwei Scherbeneis-anlagen zusätzliche Transport-, Installa-tions-sowie Anlagenkosten entstanden, was bei besonders abgelegenen Gebie-ten wie diesem eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Um den Beton jedoch auf die sehr niedrigen Temperaturen von 10 °C zu kühlen, kommt ergänzend eine Aggregatkühlung durch Kaltluft zum Einsatz. Der besondere Vorteil besteht nun darin, dass mit den gleichen Kies-silos, die im Sommer für die Kühlung verwendet werden, auch im Winter eine Beheizung gewährleistet werden kann. Hierfür sind lediglich eine Anlage zur Erzeugung von Kaltluft sowie eine von Warmluft erforderlich, sodass ganzjährig eine gleichmässige Temperatur des Be-tons sichergestellt ist. Je nach Bedarf wird die entsprechende Anlage dem Silo zugeschaltet und die warme bezie-hungsweise kalte Luft durch den Kies geleitet. Zum Einsatz kommen in diesem Fall drei Heissluftanlagen sowie eine Heisswasseranlage für das Anmischen des Betons. Da auf abgelegenen Bau-stellen eine Versorgung mit grünen Brennstoffen nur schwer möglich ist, entsteht die Wärme jeweils durch das Verbrennen von einfach zu lagerndem Heizöl. In urbanen Regionen wird jedoch auch oft Erdgas oder Biogas verwendet.

Trend in Richtung kompakter und energieeffizienter Anlagen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von Kaltwasser und -luft dem Einsatz von Eis in energetischer Hinsicht vorzuziehen ist. Wie bei dem Beispiel in Südamerika kann durch den Verzicht auf einzelne Anlagen Platz gespart werden, was sich bei städtischen und allgemein beengten Baustellen bezahlt macht. Hier besteht die Lösung vor allem in modula-ren Anlagen, die beispielsweise fest ins-talliert in 20-oder 40-Fuss-Containern gestapelt werden können, sodass in der Breite weniger Raum erforderlich ist. Da-mit kann in dicht besiedelten Gebieten, wo Raum teuer ist, Platz gespart werden, während sich in abgelegenen Regionen die Transportkosten verringern. ■

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